Gehirngerechtes Arbeiten

Konzentration 4.0

February 3, 2017

Wir spüren, dass sich unsere Arbeit verändert

Vieles wird schneller, intensiver und konzentrierter. Firmen organisieren sich neu und moderne Technologien werden eingeführt. Und das ist gut so, denn Innovation und Veränderung bringt oft auch Verbesserungen für Menschen und Unternehmen.

Gleichzeitig halten wir es für wichtig, genau hinzuschauen: Was bedeuten diese rasanten Entwicklungen für die Menschen? Für Beschäftigte, Unternehmer und Führungskräfte?

In Deutschland führt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin regelmäßig Befragungen zu den Entwicklungen der Arbeitsanforderungen durch.

Besonders häufig berichten Beschäftige dabei, dass sie verschiedene Arbeiten gleichzeitig zu betreuen haben („Multitasking“), von starkem Termin- und Leistungsdruck sowie von häufigen Störungen und Arbeitsunterbrechungen. 

Die Intensivierung und Verdichtung der Arbeit vermittelt den Menschen den Eindruck, sie müssten viele Dinge gleichzeitig erledigen. Dieses Phänomen wird als „Multitasking“ bezeichnet. Multitasking bedeutet, dass eine Person versucht, in einem begrenzten Zeitraum mehrere Arbeitsaufgaben parallel zu bewältigen. Meistens mit dem Ziel mehr Arbeit in kürzerer Zeit zu schaffen. 

Ist Multitasking wirklich die Lösung?

Inzwischen ist Multitasking ein wesentliches Merkmal der modernen, beschleunigten Arbeitswelt. Mit der Fähigkeit zu „multitasken“ assoziieren wir häufig ein hohes Leistungspotential und eine besondere Eignung für moderne Berufe. Doch ist das wirklich so?

Bringt uns Multitasking den erhofften Effizienz- und Zeitgewinn? Und welche Folgen hat Multitasking für die Gesundheit?

Festzuhalten ist, dass Multitasking bei Routinetätigkeiten (gleichzeitig bügeln und telefonieren) ohne Probleme möglich ist.

Aber immer dann, wenn wir außer wahrnehmen auch reagieren und entscheiden müssen, funktioniert diese Arbeitsweise nicht mehr. Etwa wenn wir einen Vorgang auf dem Schreibtisch bearbeiten und ein Telefonat zu einem völlig anderen Thema führen. Unser Gehirn wechselt dabei blitzschnell – irgendwo im Millisekundenbereich - zwischen den Aufgaben hin und her. Dieses schnelle Hin und Her strengt uns an. Wir verbrauchen dadurch sehr viel mentale Energie und werden anfällig für Fehler.

Wissenschaftliche Studien konnten belegen, dass Multitasking bei komplexen Aufgaben zu Veränderungen der Arbeitsleistung und der erlebten Beanspruchung führt. Als negative Begleiterscheinungen haben Beschäftigte mentale Daueranforderung (Stress, Müdigkeit, Affektlabilität, erhöhter Blutdruck) sowie Leistungseinbußen (erhöhte Fehlerquote, Vergessen von Aufgaben) genannt.

Inwieweit Multitasking eine geeignete Strategie darstellt, um effizienter zu werden, hängt somit vor allem von der Komplexität der Arbeitsaufgabe ab. Je anspruchsvoller unsere Aufgabe ist, desto wichtiger ist die uneingeschränkte Konzentration auf nur eine Tätigkeit. Nur dann gelingt es uns, kreativ, schnell, stress- und fehlerfrei zu arbeiten.

Was können wir tun?

Unser Gehirn ermüdet am wenigsten, wenn wir uns auf eine Sache konzentrieren. Hohe Arbeitsqualität und Geschwindigkeit lassen sich nur so bei komplexen Aufgaben erreichen. Am Ende des Arbeitstages stellt sich dann das gute Gefühl ein, etwas geschafft zu haben!

Der erste Schritt zur Veränderung unseres Arbeitsverhaltens ist das Wahrnehmen von Situationen, in denen wir Multitasking praktizieren. Wenden wir uns einer komplexen denkintensiven Aufgabe zu, sollten wir dies mit voller Aufmerksamkeit und ohne Ablenkung tun.

Dafür benötigen wir eine entsprechende Planung unseres Arbeitstages. Es hat sich als hilfreich herausgestellt, Zeitblöcke zu bilden: einen Block für die Arbeitsplanung, einen zum Schreiben komplexer Konzepte, einen zum Telefonieren.

Auf längere Arbeitsphasen mit geistiger Anstrengung und hohem Informationsgehalt sollten Erholungsphasen folgen. Erholung kann durch eine Pause oder durch einen gezielten Wechsel der Tätigkeit erreicht werden.

Nach einer geistig anstrengenden Arbeitsphase empfehlen wir Aufgaben, die weniger kognitive Ressourcen verbrauchen. Dafür geeignet sind einfache Routineaufgaben wie beispielsweise den Schreibtisch aufräumen oder den Posteingang sortieren.

Die Voraussetzung für einen erfolgreichen Umgang mit Multitasking ist Selbstkontrolle und Abgrenzung. Damit wir uns voll und ganz einer Arbeitsaufgabe widmen können, müssen wir Störungen und Ablenkungen managen. Unsere Kollegen müssen zum Beispiel wissen, wann wir in eine Aufgabe vertieft sind und nicht gestört werden wollen. Es bedeutet auch, dass wir komplexe Aufgaben nur dann in Angriff nehmen, wenn wir die Zeit dafür haben.

Wirksame Strategie

Um Ihre persönliche Strategie zu entwickeln, stellen Sie sich zunächst folgende Fragen:

1.     In welchen Situationen ist mir der Umgang mit Multitasking gut gelungen, in welchen eher nicht?

2.     Was habe ich konkret getan, um eine solche Situation zu verbessern? Was ist weniger empfehlenswert?

3.     Welche Strategien kann ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen weiter empfehlen?

Erste Hilfe zur Reduzierung von Multitasking

  • Störungen kontrollieren: Vermeidbare Störungen durch entsprechende Planung unterbinden (z. B. Bitte nicht stören - Schild an die Tür oder auf den Schreibtisch), unvermeidbare Störungen abkürzen. Hierzu können feste Termine – „Sprechstunden“ – vereinbart werden, um in diesen Zeiten Kontakte zu bündeln und im Gegenzug ungestörte Zeitblöcke zu schaffen.
  • Außerdem können Störungen durch das eigene Gesprächsverhalten, z. B. gezielte Fragen nach dem Anlass, Zusammenfassungen zum Gesprächsabschluss und „nein“ sagen, gesteuert und abgekürzt werden.

Viel Erfolg bei Ihren ersten Schritten zu  mehr Effektivität und Gelassenheit.

Literatur beim Verfasser

Dr. Ina Rosemeier

Seit über 17 Jahren befasse ich mit dem, was mich am meisten fasziniert: Bewegung und Gesundheit. Bewegung ist für mich gleichermaßen Motor und Herzensangelegenheit. Ich möchte den Menschen, mit denen ich zusammen arbeite, Impulse geben, sich zu bewegen und ihr Leben aktiv zu gestalten.

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